Sonnenuhren

Hier kommt Sonne ins Glas!

Große Sonnenuhren zieren einige malerische alte Mauern und Felsen in den Steilhängen des Moseltals. Nostalgie pur, die keinen Zweifel daran lässt, dass hier besonders edle Weine in der Sonne reifen. Häufig sind sogar die Weinlagen nach ihnen benannt, wie zum Beispiel „Wehlener Sonnenuhr“, „Zeltinger Sonnenuhr“ oder “Brauneberger Juffer Sonnenuhr“. Ein sehr überzeugendes Argument dafür, die Weine zu probieren, die hier gewachsen sind.

Ansicht auf die Sonnenuhr Wehlen in den Weinbergen und auf die Mosel.

Wenn du mit dem kühlen langstieligen Weinglas in der Hand in der Sonne sitzt und die Augen schließt, siehst du vielleicht folgendes Bild vor deinem geistigen Auge: Fleißige Winzer in blauen Kitteln und hübsche Winzerinnen im „Moselblümchen“-Dirndl pflegen die Reben, singen gemeinsam und blicken dabei immer wieder auf die Sonnenuhr, um die Mittagspause und den Feierabend auf keinen Fall zu verpassen. Doch Moment mal: Da hörst du plötzlich die Glocken vom nächsten Kirchturm unten im Tal, die gerade Zwölf Uhr läuten. Vielleicht ist die Szenerie doch etwas zu unrealistisch? Sonnenuhren waren schon früher ein bildschöner Schmuck in den Weinbergen, aber weder von jedem Weinberg aus zu sehen noch zur Orientierung zwingend erforderlich. Naja - und die Arbeit in diesen steilen Hängen war auch nie so entspannt. 

Also haben die Weinbergsuhren wohl doch eher mit der Liebe der Moselaner zu ihrem Nationalgetränk zu tun als mit purer Notwendigkeit. Der Heimatforscher Uwe Praus nimmt an, dass ein Buch von 1841 diese Sonnenuhr-Euphorie beflügelt haben könnte: „Praktische Sonnenuhren-Kunst für Jedermann“ vom Königlich Bayerischen Steuer-Kataster-Liquidations-Geometer Joseph Ferchel. Auf jeden Fall wurden die Zeltinger und die Wehlener Sonnenuhr ein Jahr später gebaut, und auch die Ürziger Sonnenuhr ist auf einem Kupferstich von 1833 noch nicht zu sehen.

Natürlich ist es ein uraltes Verfahren, die Zeit anhand des Sonnenstandes zu messen, und wer weiß, vielleicht war auch der frühgeschichtliche Goloring bei Kobern-Gondorf eine Art Sonnenuhr? Falls nicht, stammt unser ältestes Exemplar definitiv aus der Römerzeit und wurde im Archäologiepark Martberg bei Pommern gefunden. Das erhaltene Bruchstück verrät, dass die antike Sonnenuhr als hohle Halbkugel gestaltet war, also anders als unsere Weinbergsuhren heute.

Aber gehen die Sonnenuhren auch richtig? Gute Frage. Natürlich lassen sie sich die älteren Exemplare nicht so einfach auf Sommer- und Winterzeit umstellen. Aber manche gehen zusätzlich noch eine halbe Stunde „nach“, und das macht die Sache interessant: Sie wurden vor Einführung der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) im Jahr 1893 errichtet! Alle später gebauten (oder „nachgestellten“) zeigen die „moderne“ Zeit an. Der Unterschied von einer halben Stunde resultiert daraus, dass die Sonne nicht gleichzeitig an allen Orten, die in unserer Zeitzone liegen, am höchsten stehen kann. Die Erde dreht sich ja. Also musste irgendein Sonnenhöchststand als verbindlich für 12 Uhr festgelegt werden, und das war keiner von der Mosel. Warum eigentlich nicht? Hier ist doch die Sonnenzeit am schönsten!

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